Medizinisches 3D Drucken: Das humanoide Ersatzteillager
TEXT: Dr. Michael W. Preikschas
Ärzte waren die Ersten, die den 3D Druck kommerzialisierten, in dem sie sich an dreidimensional reproduzierten Organmodellen auf Operationen vorbereiteten. Diese und andere medizinische Anwendungen des 3D Drucks sind stark gewachsen. Laut einer kürzlich veröffentlichen Studie der Unternehmensberatung Wohlers Associates (www.wohlersassociates.com) hat der Wert von medizinischen und zahntechnischen Produkten aus Druckern in 2018 die 1 Milliarden Dollar Marke übersprungen. Betrachtet man den gesamten Markt der additiven Fertigung, so macht dies fast 12% der Erzeugnisse aus.
Einen großen Anteil daran hat das, seit etwa zwei Jahren in Cork (Irland) ansässige, amerikanische Medizin-Technologie Unternehmen Stryker (www.stryker.de). Obwohl dort in Logistik, Vertrieb und Engineering viele Einheimische einen Arbeitsplatz gefunden haben, sieht man in der Produktion kaum Menschen. Reihe an Reihe 3D Drucker, aussehend wie Kühl-Gefrierkombinationen aus der Großküche, produzieren medizinisch-orthopädische Implantate, wie beispielsweise Gelenkersatz für Hüfte und Knie. Diese Fertigungsstätte ist ein Beispiel dafür, in welcher Weise sich der 3D Druck — vor gar nicht allzu langer Zeit eingeschätzt als Möglichkeit zur Produktion für Prototypen und Einzelstücken — weiterentwickelt hat. Aktuell ist er auf dem Sprung zur Fertigung von Massenprodukten. Nach eigenen Angaben fertigt Stryker in Irland in 3 Schichten jedes Jahr „hunderttausende“ von Implantaten. Und diese Produkte haben Eigenschaften, welche mit den herkömmlichen Verfahren der Bearbeitung oder dem Guß nicht zu erreichen sind. Der 3D Druck ermöglicht durch seine Schicht auf Schicht Fertigung komplexe Gebilde mit komplizierten internen Strukturen. Stryker verwendet diese Eigenschaften, um auf den Implantaten eine poröse Oberfläche entstehen zu lassen. Diese Oberfläche erlaubt es, dem Knochen fest mit dem Implantat zu verwachsen. Erfahrungen zeigen, dass diese Produkteigenschaften, kombiniert mit einer modifizierten Operationsmethode, zu erhöhten Erfolgsaussichten für den Patienten führen.
Eine weitere Anwendung des 3D Druck ist eine Art Hilfestellung bei der Zucht von Zellgewebe. Bisher wurden Zellen in sogenannten Petri Schalen kultiviert. Allerdings ist diese Art nachgewiesener Maßen nicht immer von Erfolg gekrönt. Problematisch ist, dass Zellen oftmals eine gewisse „Rankhilfe“ benötige, um sich besser zu entwickeln. Diese Hilfe, vergleichbar mit denen für Kletterpflanzen, erzeugen Forscher mit 3D Druckern. Die Strukturen ermutigen die Zellen sich optimal um das Gebilde herum zu entwickeln (https://www.researchgate.net/publication/331982146_Machine_learning_metrology_of_cell_confinement_in_melt_electrowritten_three-dimensional_biomaterial_substrates). Auf diese Weise können Zellkörper für die Erforschung von Krebstherapiemedikamenten verwendet oder sogar komplette transplantierbare Organe gezüchtet werden. Dieses neue Gewebe wird unmittelbar durch die Hilfe des gedruckten Gerüstes ermöglicht. Viele Unternehmen haben die Möglichkeiten dieser Technologie erkannt und werden die Erschaffung von künstlichen Köperteilen zukünftig zu einem großen Business entwickeln.
Die Firma DePuy Synthes, die orthopädische Geschäftseinheit von Johnson&Johnson, (www.depuysynthes.com) ist ein weiteres Unternehmen, welches sich auf die Herstellung von Implantaten durch die additive Fertigung spezialisiert hat. Generell können Hüft- und Knieimplantate durch die 3D Drucker Technologie in einem solch großen Maße produziert werden, dass personalisierte Fertigung schlichtweg nicht erforderlich ist. Vereinzelt kommt es aber doch zu Spezialanfertigungen. Deshalb gehen einige Firmen dazu über, direkt in Krankenhäusern ihre Fertigung aufzubauen. Nähe zum Kunden und damit eine Verkürzung der Time to Market sind die Folge.
Beispielsweise kooperiert LimaCorporate (www.limacorporate.com) mit dem New Yorker Krankenhaus für Spezialeingriffe. Andere Unternehmen verfolgen rein den Weg der Massenfertigung. So produziert die amerikanische Firma Align Technology (www.aline.co.nz) allein 17 Millionen Produkte für die Zahnheilkunde, wie Implantate, Brücken oder Richthilfen für Zahnärzte oder Kiefernorthopäden.
Innovatoren erreichen mehr Umsatz und Gewinn, neue Kunden und Märkte. Trends früh erkennen, daraus Bedürfnisse richtig und rechtzeitig ableiten, neue Lösungen zum Erfolg entwickeln — das ist ihr Geschäft. Sie arbeiten intern im Netzwerk und extern mit Partnern. Marketing und Vertrieb sind früh eingebunden. Innovationen beginnen mit Ideen und gelingen durch strukturiertes Management.
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