Algorithmisierung: Digitale Transformation in der Kneipe
TEXT: Dr. Michael W. Preikschas
Viel wurde gesprochen über den Zusammenhang zwischen der Pandemie und innovativen Ideen. Und ohne Zweifel, diesen gibt es in vielen Bereichen zu spüren. Beispielsweise in der Gastronomie, Restaurants oder Caterern. Was soll zum Beispiel aus den unzähligen kleinen Essensrationen werden, die tagtäglich auf Flugreisen angeboten werden, wenn doch nur Wenige mit dem Flugzeug fliegen? Auch auf diese Frage gibt es eine Lösung — dachte die Indonesische Fluglinie Garuda (flygarudaindonesia.com) — und verkauft nun diese Menüs auch an Nichtflieger. In Zusammenarbeit mit einem Bringdienst werden die Mahlzeiten in identischer Verpackung (Tablett und Schutzfolie) abverkauft und geliefert. Der geringe Preis je Einheit spricht dann auch Zielgruppen an, die nicht über das Essen an die verpasste Flugreise denken möchten. Diesem Beispiel folgend sind auch andere asiatische Flugdienstleister (AirAsia, Thai Airways) dabei ihre Essen über eine Online-Plattform an „Personen, die das Fliegen vermissen“ abzugeben.
Nicht nur „über den Wolken“ sind die Caterer einer schweren Zeit ausgesetzt. Viele Gastronomen können Aufgrund von Abstandsregeln und Kapazitätsbeschränkungen einen Großteil der Plätze in den Restaurants nicht besetzen. Das reißt Löcher in die Bilanzen der wegen des Lockdowns ohnehin schon extrem gebeutelten Unternehmen. In manchen Betrieben ist derweil nicht mal das reduzierte Angebot ausgelastet, auch weil sich viele Menschen noch scheuen , wieder auszugehen. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga meldet dementsprechend Horrorzahlen für die Branche: Im ersten Halbjahr 2020 ist der Umsatz im Gastgewerbe real um fast 40 Prozent eingebrochen. Das ist der stärkste Rückgang er je gemessen wurde. Die fehlenden Umsätze bedrohen nun laut einer aktuellen Dehoga Umfrage die Existenz von 60 Prozent der Betriebe. (dehoga)
Das Start-Up discoeat (eine Kombination aus „discover“ und „eat“) überträgt ein Prinzip aus der Gastronomie, das in der Tourismusindustrie gang und gäbe ist (www.discoeat.de). Wer in der Nebensaison Flüge oder Hotels bucht, muss deutlich weniger zahlen als in Ferienzeiten. Auch in Restaurant gibt es Hochphasen, allen voran mittags zwischen zwölf und 13 Uhr oder abends von 19 bis 21 Uhr, in denen Tische gleich mehrfach verkauft werden könnten, während sie zu anderen Zeiten unbesetzt bleiben. Discoeat vermarktet nun die Randzeiten, damit Restaurants gleichmäßiger ausgelastet sind. Dies scheint gerade in Corona-Zeiten sehr wichtig. Auch für das Start-Up ist dies einträglich: 3,5 € ist die Provision je Gast. Und der Service ist gefragt: 50.000 Nutzer hat Discoeat mittlerweile. Auch die Zahl der Restaurants hat sich während der Pandemie stark erhöht — in Berlin beispielsweise von 140 auf 220.
Um mit den Corona-Einschränkungen vernünftig wirtschaften zu können und damit Hygienekonzepten zu folgen, ist möglichst kontaktloses Arbeiten wichtig. Dies funktioniert zum Beispiel über eine digitale Plattform. Diese bietet der Hersteller Tobit Software (tobit.software) aus Ahaus an. Auf den Tischen klebt ein QR-Code, den die Gäste mit ihrem Handy einscannen. Dadurch können online die begehrten Waren vom Shop des Restaurants geordert werden. Bezahlt wird direkt über PayPal, ApplePay oder Kreditkarte. Auf den Terminals, die wie ein iPad mit integriertem Drucker aussehen, wird die jeweilige Bestellung angezeigt, bestätigt und ein Bon für die Servicekraft ausgedruckt. Das IT-Haus hat einen ungewöhnlichen Weg gewählt, um das eigene System zu testen: Am Firmensitz betreibt Tobit selbst mehrere Bars und Clubs, basierend auf der eigenen Software.
Innovatoren erreichen mehr Umsatz und Gewinn, neue Kunden und Märkte. Trends früh erkennen, daraus Bedürfnisse richtig und rechtzeitig ableiten, neue Lösungen zum Erfolg entwickeln — das ist ihr Geschäft. Sie arbeiten intern im Netzwerk und extern mit Partnern. Marketing und Vertrieb sind früh eingebunden. Innovationen beginnen mit Ideen und gelingen durch strukturiertes Management.
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